[vc_row][vc_column][vc_column_text]Diplomaten sind die Könige des Abwägens. Sie kennen die Empfindsamkeiten ihrer Gesprächspartner genau, legen jedes Wort auf die Goldwaage und formulieren im Zweifel zu vorsichtig als zu aggressiv. Das ist oft politisch klug, zumal ihre Botschaften in der Regel dennoch ankommen. Denn ihre Gesprächspartner kennen diplomatische Codes und können zwischen den Zeilen lesen.

Leider behalten viele Diplomaten und Außenpolitiker ihren abwägenden Habitus bei, wenn internationale Konferenzen, bilaterale Verhandlungen und vertrauliche Telefonate vorbei sind. Das wirkt dann bisweilen technokratisch, gekünstelt und leidenschaftslos. So mahnte CDU-Außenexperte Norbert Röttgen letzte Woche mit Blick auf den Iran: „Dass diejenigen, die friedlich demonstrieren und ordentlich trauern, unterdrückt werden, ist etwas, was wir verurteilen.“

Wenn Demokraten blass bleiben

Verschachtelter geht es kaum, und durch die Passivkonstruktion drückt sich Röttgen davor, Ross und Reiter zu nennen. Warum nicht: „Wir verurteilen, dass die Regierung in Teheran friedliche Demonstranten unterdrückt“?

Entweder Röttgen hält es für politisch klug, die Verbalattacke durch eine Verklausulierung abzuschwächen – oder der Diplomatenjargon ist ihm bereits in Fleisch und Blut übergangen. Beides wäre aus meiner Sicht bedenklich. Denn gerade in Zeiten, in denen Populisten Emotionen schüren, dürfen liberale Demokraten nicht blass bleiben: Sie brauchen den Mut und die Fähigkeit, klare Aussagen zu treffen. Sonst machen sie Populisten und Autokraten das Leben zu leicht.

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