Ich hatte jüngst argumentiert, dass die klare, methapernreiche und verständliche Sprache eine der großen Stärken linker und rechter Populisten ist. Deshalb habe ich natürlich besonders genau hingeschaut, als AfD-Fraktionschefin Alice Weidel gestern plötzlich zu linguistischen Argumenten griff.
Ihren Einspruch gegen den Ordnungsruf des Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU), der ihr eine Diskriminierung von Frauen mit Kopftuch vorgeworfen hatte, begründete Weidel wie folgt: Sie habe wörtlich gesagt, „Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichste werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem unseren Sozialstaat nicht sichern.“
Es sei damit „klar ersichtlich, dass sich die Bezeichnung ‚Taugenichtse‘ sprachlich eindeutig und unzweifelhaft auf ‚alimentierte Messermänner‘ bezog“, meint Weidel – und eben nicht auf die „Kopftuchmädchen“.
Naja.
Für ihre Version spricht zugegebenermaßen, dass „Taugenichtse“ ein maskulines Substantiv ist, das in dieser Aufzählung formal betrachtet auf ein anderes Maskulinum Bezug nimmt – die „Messermänner“. Andererseits übersetzt der Duden den „Taugenichts“ mit „nichtsnutziger Mensch“ – und ein Mensch kann bekanntlich auch eine Frau und damit auch ein „Kopftuchmädchen“ sein.
Hinzu kommt: In ihrem Vortrag hat Weidel nicht auf eine Weise pausiert und betont, die deutlich gemacht hätte, dass sie mit den „Taugenichtsen“ exklusiv auf die „Messermänner“ Bezug nimmt (ich habe es mir mehrfach angehört).
Die AfD-Fraktionschefin kann es deshalb drehen und wenden, wie sie will: „Eindeutig und unzweifelhaft“ ist hier gar nichts – und zwar völlig unabhängig davon, wie man die Formulierung „alimentierte Messermänner“ bewertet. Ich wage deshalb die Prognose: Ihr Einspruch wird scheitern – und ihre Aussage als das in die Parlamentshistorie eingehen, was sie meiner Meinung nach war: menschenverachtend & diskrimierend.