Die FAZ hat in dieser Woche eine Opernrezension veröffentlicht, die aus sprachlicher Sicht bemerkenswert ist. Der Text beginnt wie folgt:

„Aufstiebender Graupel von Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotten und Saxophon gerbt uns das Ohr. Posaunen und Tuba grunzen ganz grässlich wie Behemoth und Leviathan. Da tobt eine letzte, unheilige Schlacht zwischen Himmel, Erde, Luft und Meer. Und diesem Tumult in der umwerfenden Staatskapelle Berlin, dem Matthias Pintscher im Graben der Staatsoper Unter den Linden dirigentisch Zaum und Zügel angelegt hat, damit er alles in den Händen behält, diesem kosmoszerberstenden Krach entragen einige Molldreiklänge wie verkohltes Gebälk zermalmter Kirchen dem Treibsand baltischer Dünen.“

Ist das Geschwurbel? Oder „epische Sprachgewalt“? In den sozialen Netzwerken schieden sich die Geister: Zwischen kritischen, teils hämischen Kommentaren tauchten immer wieder Tweets auf, deren Autoren die Sprache lobten – das sei eben „gutes Deutsch“, das man viel zu selten lese und dem feuilletonistischen Anspruch angemessen sei.

Auf die Zielgruppe kommt es an

Solche Stimmen belegen, dass der Text keineswegs völlig am Publikum vorbeizielt. Es gibt ganz offensichtlich Leser, die eine derart adjektiv- und metaphernreiche Sprache schätzen – auch wenn ich vermute, dass darunter einige Kulturpessimisten sind, der sich mit seinem Beifall symbolisch vom kulturlosen Mainstream abgrenzen wollen.

Aber egal: Wenn der Autor diese Zielgruppe erreichen wollte, hat er einen guten Job gemacht. Junge, schnelle oder eher kulturferne Leser gewinnt man auf diese Weise aber nicht fürs Feuilleton.